Patek Philippes neue, aufregende Cubitus-Linie ist nicht radikal neu – und das ist der springende Punkt

Auf einem Balkon hoch über einer Menge von Einzelhändlern, Kunden und der Presse thront Patek Philippe-Präsident Thierry Stern über der offiziellen Enthüllung der ersten neuen Kollektion der Marke seit 25 Jahren, der Cubitus. Die Veranstaltung im Oktober, die etwa eine Stunde außerhalb von München stattfand, sollte einen ersten Blick auf das neueste Angebot bieten, aber die mit Spannung erwartete Enthüllung wurde verdorben, als ein paar Tage zuvor eine Anzeige für die Uhr online durchsickerte und die Kommentatoren in den sozialen Medien in Aufruhr versetzte. Die Nachricht von der Veröffentlichung verbreitete sich wie ein Lauffeuer, aber die Reaktion war alles andere als herzlich. (Sogar die New York Times ging so weit, sie, wenn auch unfair, mit einem 717-Dollar-Modell einer englischen Mikromarke zu vergleichen, das von einem billigen Miyota-Uhrwerk angetrieben wird.)

Nichts davon scheint die Nachfrage nach der Cubitus gestoppt zu haben, und es dauerte nicht lange, bis erfahrene Sammler anfingen, mit dem Erhalt ihrer Bestellungen zu prahlen. Zu den Ersten gehörte der amerikanische Rapper N.O.R.E., geboren als Victor Santiago Jr., der Fotos und Videos von sich postete, wie er seine zweifarbige Cubitus (Ref. 5821/1AR) nur vier Tage nach ihrer Markteinführung öffnete.

Selbst wenn man die angesehenste Marke der Uhrenindustrie leitet, ist die Veröffentlichung einer neuen Kollektion keine leichte Aufgabe – vor allem, wenn sie zweieinhalb Jahrzehnte nach der vorherigen erscheint. Die Last der Erwartungen der Uhrenwelt lastete auf Sterns Schultern. Als Reaktion darauf präsentierte der Chef von Patek ein Design, das nach Ansicht vieler Experten eher schlicht war; die Zeit- und Datumsanzeigen waren sogar so schlicht, dass Uhrenliebhaber sich beschwerten, es handele sich lediglich um Neuinterpretationen bestehender Nautlius-Modelle in einem größeren 45-mm-Gehäuse.

Die Cubitus-Linie umfasst drei Referenzen: Ref. 5821/1A ist aus Stahl mit olivgrünem Zifferblatt – wenn Sie es im Einzelhandel bekommen, kostet es 41.243 $ – und die oben erwähnte zweifarbige Version hat ein blaues Zifferblatt für 61.276 $. Eine dritte Iteration, Ref. 5822P, hat ein Platingehäuse mit blauem Zifferblatt und kostet 88.378 $; es ist die einzige Cubitus mit Armband. Sie beherbergt das neue Kaliber 240 PS CI J LU und kombiniert ein großes Datumsfenster, Mondphasen- und Wochentagsanzeigen, die alle gleichzeitig in 18 Millisekunden geändert werden können. Für die Uhr sind sechs Patente angemeldet (viele davon betreffen die perfekte Ausrichtung der Datumsziffern und die Möglichkeit, die Anzeigen zu jeder Tageszeit zu korrigieren), was beweist, dass man die Cubitus nicht nach ihrem Äußeren beurteilen kann.

Was die Vergleiche mit dem Bestseller Nautilus angeht, „haben sie recht“, gibt Stern zu und merkt an, dass er sich bei der Entwicklung des Cubitus sowohl am Nautilus als auch am Aquanaut orientiert hat. „Heute habe ich eine erstaunliche Linie mit der DNA des anderen – das ist, was ich mache“, sagt er. „Ich mache das auch mit der Calatrava-Linie oder den Komplikationen, mit allen. Man sollte nicht immer alles von Grund auf neu erfinden“, fügt er hinzu. „Nehmen Sie das Beste von dem, was Sie wissen, und verbessern Sie es.“ Das ist schließlich eine Erfolgsformel für andere Luxusmarken – Hermès, Rolex und Ferrari machen so etwas ständig.

Der Cubitus zweifarbig mit passenden Manschettenknöpfen.
Doch Stern besteht darauf, dass die Idee hinter dem Cubitus nicht darin besteht, in der Vergangenheit stecken zu bleiben, sondern neue Kunden zu gewinnen. „Ich kann nicht nur bei den alten Kunden bleiben – und ich werde sie nicht verlieren –, aber ich weiß auch, dass sie irgendwann weg sein werden, und die neuen sollten auch ein Teil davon sein.“ Sein idealer Cubitus-Käufer ist jemand Junges und Aktives, der vielleicht gerade ein neues Geschäft eröffnet – und im selben Atemzug fügt er hinzu, dass diese Person sich anstellen muss, sofern sie nicht bereits VIP-Kunde ist. „Es wird dasselbe sein wie beim Aquanaut“, bemerkt er. „Im ersten Jahr könnte es für den Neuling etwas schwierig sein, es zu bekommen, aber danach wird es einfacher.“ Das nonchalante Eingeständnis schien die Botschaft nur noch weiter zu unterstreichen: Hier gibt es nichts radikal Neues. Und doch ist es das einzige Gesprächsthema – und genau so gefällt es Patek Philippe.

Die Essenz der Cubitus-Linie
Im Kern ist die Cubitus-Kollektion eine Studie der Ausgewogenheit – sie verbindet Vergangenheit und Gegenwart und bleibt dabei fest im Erbe von Patek Philippe verwurzelt. Das Wort „Cubitus“ stammt aus dem Lateinischen und bezieht sich auf den Unterarmknochen, was auf das ergonomische Design der Uhren und ihre nahtlose Integration in die menschliche Form hindeutet. Diese Linie legt Wert auf Komfort, dezente Eleganz und Vielseitigkeit gegenüber auffälligen Komplikationen oder pompösen Verzierungen.

Designphilosophie
Aus gestalterischer Sicht sind die Cubitus-Uhren keine Statement-Stücke, sondern langlebige Begleiter. Die Gehäuse aus Edelstahl, Roségold und Platin zeichnen sich durch raffinierte Proportionen aus, die dem modernen Geschmack gerecht werden, ohne die traditionelle Ästhetik aufzugeben. Die Kollektion ist in Größen von 37 mm bis 42 mm erhältlich und vielseitig genug, um an eine Vielzahl von Handgelenken zu passen.

Die Zifferblätter sind typisch Patek und bieten eine Vielzahl von Oberflächen wie Sonnenschliff, Guilloché und Emaille. Die Farbpalette tendiert zu gedämpften Tönen – denken Sie an Schiefergrau, Dunkelblau und Champagnergold – mit subtilen Akzenten wie aufgesetzten Breguet-Ziffern und Dauphine-Zeigern. Es gibt eine deutliche Anspielung auf klassische Patek Philippe-Designs wie die Calatrava und die Golden Ellipse, aber mit einem zeitgenössischen Twist, der dafür sorgt, dass die Linie nicht abgeleitet wirkt.

Technische Merkmale: Eine Mischung aus Tradition und Moderne
Auch wenn die Cubitus-Linie keine bahnbrechenden Komplikationen einführt, zeigt sie Patek Philippes Engagement für Präzision und Handwerkskunst. Jedes Modell wird von einem der sorgfältig gefertigten, hauseigenen Uhrwerke der Marke angetrieben, das mit beeindruckenden Spezifikationen und Veredelungen aufwarten kann.

Uhrwerk-Highlights
Kaliber 26-330 SC
Dieses automatische Uhrwerk, das in den Dreizeigermodellen verbaut ist, ist für seine Zuverlässigkeit und Effizienz bekannt. Mit einer Gangreserve von 45 Stunden und einer Gyromax®-Unruh sorgt es für eine präzise Zeitmessung. Das Uhrwerk ist durch einen Saphirglasboden sichtbar und zeigt die traditionellen Genfer Streifen und polierten Winkel.

Kaliber CH 28-520
In den Chronographenmodellen kombiniert das Kaliber CH 28-520 einen Säulenradmechanismus mit einer vertikalen Kupplung für einen reibungslosen Betrieb. Seine Funktionalität ist nahtlos in das dezente Design der Uhr integriert, wobei die Hilfszifferblätter für optimale Lesbarkeit positioniert sind.

Kaliber 240 HU
Für diejenigen, die etwas Komplexeres suchen, sind ausgewählte Modelle der Cubitus-Linie mit dem ultradünnen Kaliber 240 HU ausgestattet, das eine Weltzeitkomplikation bietet. Der komplizierte Städtering und die 24-Stunden-Scheibe sind gut lesbar und elegant in das Zifferblatt integriert.

Die strategischen Implikationen: Warum auf Nummer sicher gehen?
In einer Zeit, in der Marken wie Richard Mille und Hublot mit gewagter Ästhetik und Materialien die Grenzen des Designs erweitern, mag die Entscheidung von Patek Philippe, die Cubitus-Linie einzuführen, konservativ erscheinen. Dieser Ansatz steht jedoch im Einklang mit der langfristigen Strategie der Marke, Zeitlosigkeit über Trendbewusstsein zu stellen. Hier sind einige wichtige strategische Erkenntnisse zur Produkteinführung:

Ausrichtung auf Kernsammler
Patek Philippe ist sich bewusst, dass seine Kernzielgruppe Tradition und Handwerkskunst über flüchtige Innovationen stellt. Die Cubitus-Linie spricht Puristen an, die Uhren suchen, die über Generationen weitergegeben werden können, ohne ihre Relevanz oder ihren Charme zu verlieren. Durch die Betonung der Kontinuität stärkt die Marke ihre Identität als Bewahrer der Uhrentradition.

Zugänglichkeit erweitern, ohne zu verwässern
Während Patek Philippe für Exklusivität steht, zielt die Cubitus-Linie darauf ab, ein Gleichgewicht zu finden, indem sie Stücke anbietet, die sowohl im Design als auch im Preis etwas zugänglicher sind. Durch die Verwendung von Edelstahl zusätzlich zu Edelmetallen macht die Marke ihre Uhren einem breiteren Publikum zugänglich, ohne ihren Luxus-Appeal zu verwässern.

Eine Reaktion auf Markttrends
Trotz ihres Rufs der Zeitlosigkeit ist Patek Philippe den Markttrends nicht blind. Die steigende Nachfrage nach vielseitigen, alltagstauglichen Luxusuhren ist offensichtlich, und die Cubitus-Linie bedient diese Nische. Diese Uhren sind so konzipiert, dass sie nahtlos von formellen zu legeren Umgebungen wechseln und den Lebensstilanforderungen eines modernen Publikums gerecht werden.

Historische Inspirationen
Die Cubitus-Linie schöpft stark aus den Archiven von Patek Philippe und interpretiert Designelemente einiger der kultigsten Modelle der Marke neu. Zum Beispiel:

Die Gehäuseprofile spiegeln die geschwungenen Linien der Ref. 96 Calatrava wider, die erstmals 1932 eingeführt wurde.
Die Zifferblattgestaltung orientiert sich an Referenzen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, insbesondere an solchen, die für ihre minimalistische Eleganz gefeiert wurden.
Die Armbandoptionen, darunter handgenähte Leder- und integrierte Metallarmbänder, erinnern an das Designethos der 1970er Jahre und erinnern an die Kollektionen Nautilus und Golden Ellipse.
Diese bewusste Hommage an die Vergangenheit dient dazu, die Cubitus-Linie im beständigen Erbe der Marke zu verankern und sicherzustellen, dass ihre Designs vertraut und dennoch frisch wirken.

Rezeption bei Sammlern und Kritikern
Seit ihrer Vorstellung hat die Cubitus-Linie eine gemischte, aber weitgehend positive Rezeption erfahren. Während einige Kritiker den Mangel an bahnbrechenden Innovationen beklagen, schätzen viele Sammler den Schwerpunkt der Linie auf Raffinesse und Vielseitigkeit.

Wichtigstes Lob
Tragekomfort: Die Cubitus-Uhren wurden für ihr ergonomisches Design und ihre bequeme Passform gelobt, was sie ideal für den täglichen Gebrauch macht.
Handwerkskunst: Wie bei allen Kreationen von Patek Philippe sind die Verarbeitung und die Liebe zum Detail tadellos und setzen einen hohen Maßstab für die Herstellung von Luxusuhren.
Zurückhaltung: Das dezente Design hat bei Puristen Anklang gefunden, die subtile Eleganz über Prunk schätzen.
Häufige Kritikpunkte
Mangel an Neuheit: Einige haben argumentiert, dass die Cubitus-Linie zu sicher wirkt und wenig bietet, um sie von bestehenden Patek Philippe-Kollektionen zu unterscheiden.
Preispunkt: Obwohl sie erschwinglicher ist als einige der anderen Angebote der Marke, ist die Cubitus-Linie für viele potenzielle Käufer immer noch unerschwinglich.
Zukünftige Auswirkungen auf Patek Philippe
Der Erfolg der Cubitus-Linie könnte weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft von Patek Philippe haben. Indem die Marke ihr Erbe verdoppelt und zeitloses Design betont, gibt sie eine klare Richtung für ihre Entwicklung vor. Die Linie wirft jedoch auch Fragen darüber auf, wie Patek Philippe Tradition mit dem Bedarf an Innovation in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Markt in Einklang bringen wird.

Mögliche Richtungen
Breitere Anziehungskraft: Wenn sich die Cubitus-Linie als beliebt erweist, könnte sie den Weg für vielseitigere, zugänglichere Kollektionen ebnen, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen.
Tiefere Erschließung des Erbes: Die positive Aufnahme der historischen Inspirationen der Cubitus-Linie könnte Patek Philippe dazu ermutigen, für zukünftige Kollektionen andere Archivdesigns zu erkunden.
Strategisches Risikoverhalten: Umgekehrt könnte die Marke den Erfolg der Cubitus-Linie als Grundlage nutzen, um mit gewagteren Designs zu experimentieren, da sie weiß, dass ihre Kernidentität geschützt bleibt.
Fazit
Die Cubitus-Linie von Patek Philippe ist ein Meisterstück zurückhaltender Innovation. Indem die Kollektion Kontinuität gegenüber radikalen Veränderungen priorisiert, bekräftigt sie das Engagement der Marke für zeitlose Eleganz und dauerhafte Qualität. Auch wenn sie vielleicht nicht für diejenigen geeignet ist, die nach dem neuesten Stand der Uhrmacherkunst suchen, ist sie doch ein überzeugendes Angebot für Sammler, die Uhren als Erbstücke schätzen – Objekte, die Trends und die Zeit selbst überdauern sollen.

In einer Welt der ständigen Neuerfindung ist die Cubitus-Linie eine stille Erinnerung daran, dass die tiefgreifendsten Innovationen manchmal darin liegen, seinen Wurzeln treu zu bleiben. Ob sie nun zu einem Eckpfeiler des Portfolios von Patek Philippe oder zu einem flüchtigen Kapitel seiner Geschichte wird, die Cubitus-Kollektion wird zweifellos einen besonderen Platz in den Herzen derjenigen einnehmen, die ihre subtile Brillanz verstehen.